Jubiläum

“Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin!” – Das Radio wird 100 Jahre alt!

today29. Oktober 2023 107

Hintergrund
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Genau heute vor 100 Jahren ging der erste Radio-Sender Deutschlands auf Sendung! Am 29. Oktober 1923 krächzte abends der Satz  “Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus auf Welle 400!” über die noch wenigen Empfangsgeräte aus den Lautsprechern, nachdem vormittags probeweise ein Konzert ins Berliner Abgeordnetenhaus übertragen wurde.
Damals noch wenig beachtet, entdeckte man dann doch ziemlich schnell die vielfältigen Möglichkeiten des “Rundfunks”, wie damals der Staatssekretär Hans Bredow das Medium benannte.
Dieser Begriff hat sich bis heute manifestiert.

 

Hans Bredow – Staatsekretär und Befürworter sowie maßgeblicher Förderer des Rundfunks
Hans Bredow – Staatsekretär und Befürworter sowie maßgeblicher Förderer des Rundfunks


Es gab schon zuvor (vor allem im 1. Weltkrieg) einige Versuche, Sprache und Musik per Funk zu übermitteln, um die Soldaten zu erheitern, unterhalten und informieren. Einen regulären Rundfunkbetrieb mit fest zugeteilten Frequenzen gab es allerdings noch nicht. Die Frequenz wurde erst am 29. Oktober 1923 endgültig festgesetzt, um dort dauerhaft für die Allgemeinheit, Informationen, Nachrichten und ein seriöses Unterhaltungsprogramm zu verbreiten.

Ansager Friedrich Georg Knöpfe fuhr fort: “Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt. Die Benutzung ist genehmigungspflichtig.” So wurde die Technik damals beschrieben: als drahtlose Telefonie.

Doch die Zahl der Hörer war überschaubar – der Startschuss für das neue Medium fand öffentlich so wenig Beachtung wie später die Geburtsstunde des Internets. Die Menschen hatten andere Sorgen. “Es war die krisenhafte Zeit der Hyperinflation”, sagt der Medienhistoriker Hans-Ulrich Wagner vom Leibniz-Institut für Medienforschung. Das zeigte sich auch an der Gebühr, die man bei der Post für eine Lizenz zum Radiohören zahlen musste: Dieser frühe “Rundfunkbeitrag” kostete schlappe 350 Milliarden Mark.

Gesprochenes Wort war im Radio anfangs immer live – auch Hörspiele. Sendungen wurden in den ersten Jahren nicht mitgeschnitten oder gar archiviert. Mit der Zeit entdeckten die Radiomacher aber, welche Möglichkeiten das neue Medium bietet. 1929 berichtet Alfred Braun von der Beerdigung von Außenminister Stresemann – die älteste erhaltene Live-Reportage. 1932: das erste Telefon-Interview im Radio. Auch der Sport wird zum Katalysator für Innovationen: Die erste Transatlantik-Live-Reportage war der Boxkampf von Max Schmeling gegen Joe Louis.

Kaum hatte Hitler per Ermächtigungsgesetz Deutschland in eine Diktatur verwandelt (und Hans Bredow ins Gefängnis gesteckt), erklärte Propagandaminister Joseph Goebbels den Intendanten klar: “Der Rundfunk gehört uns!”

Goebbels macht dabei auch deutlich, dass er im Rundfunk keineswegs durchsichtige politische Propaganda erwartet, sondern die Massen viel subtiler beeinflussen will. “Erstes Gesetz: Nur nicht langweilig werden!” Mit Unterhaltung, so Goebbels‘ Devise, lässt sich die Masse besser vereinnahmen als durch Parolen. Und mit dem von den Nazis eingeführten Volksempfänger wurde das Radio im Deutschen Reich zum Massenmedium.

Nach dem Krieg standen die Sender unter Aufsicht der Besatzungsmächte. Die Nachrichten wurden zensiert. Doch am 1. Januar 1948 werden die ersten Sender in Anstalten des öffentlichen Rechts überführt. Und wieder ist es Hans Bredow, der daran maßgeblich mitgewirkt – auch an der föderalen Struktur. Kurz vor der Übergabe im Dezember 1947 erklärt Bredow den Deutschen, was das sein soll, “öffentlich-rechtlicher Rundfunk”.

Blick ins Studio des BR in den 50ern
Blick ins Studio des BR in den 50ern

“Er legte auf die Staatsferne sehr großen Wert”, erklärt Medienwissenschaftler Wagner im Podcast SWR2 Wissen. 1947 wurde in “Radio Stuttgart” öffentlich noch darüber diskutiert, ob der Rundfunk staatlich oder unabhängig sein solle, ob er unter die Aufsicht des Landtags gestellt werden solle. Bredow hielt von solchen Ideen wenig. “Er war einer derjenigen, der sagte: Seid vorsichtig, das ist gefährlich!”, so Wagner.

Die Entwicklung des Radios ist damit nicht zu Ende: UKW, Kulturprogramme, Stereophonie, Autoradio, Verkehrsservice, Popwellen. 2004 waren die ersten Podcasts zu hören. Anfangs waren sie “Sendungen zum Nachhören”, inzwischen boomt der Markt, und viele nutzen Podcasts und Streamingdienste als Alternative zum linearen Radioprogramm. Es hat aber nichts daran geändert: Noch immer erreicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland übers Radio mit Abstand die meisten Menschen – genau wie in den Anfängen.

Blick ins derzeit modernste Radio-Studio Europas von RTL-Radio
Blick ins derzeit modernste Radio-Studio Europas von RTL-Radio

Am Sonntag Abend überträgt ARD alpha um 20:15 eine Reportage zum Thema “100 Jahre Radio”

(Text-Quelle Auszüge: ARD – https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/100-jahre-radio-100.html)

Geschrieben von: admin

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